Schmerz ist nicht gleich Schmerz

Aug. 31, 2022

Schmerzen – das Sprachrohr des menschlichen Körpers

Über Schmerzen signalisiert uns der Körper, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

In erster Linie haben Schmerzen eine Signalfunktion. Sie warnen vor einer drohenden Verletzung oder machen auf eine bestehende aufmerksam. Das ist sehr wichtig, denn nur so kann man die Gefahr wahrnehmen und ihr aus dem Wege gehen. Wer mit der Hand versehentlich die heiße Herdplatte berührt, zieht sie schnell weg, weil er Schmerzen hat. Ein Patient mit verletztem Bein belastet dieses aufgrund von Schmerzen automatisch weniger oder gar nicht, ohne bewusst darüber nachdenken zu müssen.


Wie wichtig die Schmerzfunktion ist, erkennt man, wenn sie fehlt. Menschen, die beispielsweise durch eine Nervenschädigung keine Schmerzen empfinden, verletzten sich viel häufiger als gesunde Menschen. Außerdem heilen Verletzungen bei ihnen schlechter, weil sie das geschädigte Gewebe nicht genügend schonen. Erkrankungen bemerken sie zudem erst oft spät, was eine Behandlung erschwert.

Daher ist es für schmerzunempfindliche Menschen wichtig, bei sich selbst auf sogenannte Sekundärsymptome wie Bewegungseinschränkung, Ergüsse oder Einklemmsyptomatik, zu achten, um rechtzeitig behandelt werden zu können.

Entstehung der Schmerzen

Im Körper sind bestimmte Sinneszellen für die Schmerzwahrnehmung und -weiterleitung zuständig. Diese sind über den gesamten Organismus verteilt und finden sich in beinahe jedem Gewebe wieder. Ausgenommen sind das Gehirn und das Funktionsgewebe bestimmter Organe.

 

Äußere Reize wie Temperatur, Dehnung, Druck, chemische Stoffe, Verletzungen oder krankhafte Prozesse lösen Schmerz aus.

Sogenannte Schmerzrezeptoren nehmen diese Reize auf und leiten die Schmerzinformation über das Nervensystem ins Rückenmark und bis ins Gehirn weiter. Der ankommende Reiz wird ausgewertet und als bewusster Schmerz wahrgenommen. Dies geschieht alles im Bruchteil einer Sekunde und löst Schutzmechanismen, wie z.B. zurückziehen der Hand bei heißer Herdplatte oder verminderte Schmerzwahrnehmung bei einer schweren Verletzung durch Endorphin Ausschüttung, aus.


Dem Schmerz auf der Spur

Meistens sind Erkrankungen und Verletzungen der Auslöser für unterschiedlich starke Schmerzen.

Die Art und Intensität der Schmerzen sind bei der Untersuchung bereits wichtige Hinweise auf die mögliche Erkrankung. Normalerweise zeigen uns Schmerzen eindeutig die Region ihrer Entstehung und weisen auf mögliche Ursachen hin.

 

Der menschliche Körper ist ein sehr komplexes Konstrukt. Das bedeutet, dass jeder Ausfall eines Segments Auswirkungen auf ein anderes hat. Es kommt daher nicht selten vor, dass Schmerzen auch an einer von ihrem Entstehungsort weit entfernten Stelle auftauchen können und es dadurch erschweren, ihren wahren Grund zu entdecken.

Häufig sind orthopädische Probleme für vermeintlich organische Beschwerden verantwortlich und umgekehrt.

Akute und chronische Schmerzen

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen akuten und länger andauernden, chronischen Schmerzen.


Von einem akuten Schmerz spricht man, wenn dieser nur eine gewisse Zeit dauert und der empfundene Schmerz mit einem schmerzauslösenden Ereignis in Verbindung gebracht werden kann. Der wahrgenommene Schmerz hat eine Signal- und Schutzfunktion und soll so den Körper vor Überlastung und Schädigungen schützen. Sind die Ursachen beseitigt, verschwindet auch der Schmerz.

In der Orthopädie sind das akute Rücken-, Gelenk- oder Muskelschmerzen.

Je nach Erkrankung kommen konservative oder operative Behandlungen zum Einsatz.

 

Bei chronischen Schmerzen häufen sich unterschiedliche Symptome, die sich meist über einen längeren Zeitraum entwickelt haben und an Intensität und Komplexität zugenommen haben. Der Patient ist über einen längeren Zeitraum immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt.

Der Körper speichert die schmerzhafte Erfahrung an mehreren Stellen des zentralen Nervensystems und die Nervenzellen ändern ihre Struktur sowie den Stoffwechsel und sie bilden vermehrt Schmerzrezeptoren aus. Diese leiten schon bei schwachen Reizen oder sogar ohne jeglichen Reiz, Schmerzsignale an das Gehirn weiter. Das sogenannte Schmerzgedächtnis hat sich entwickelt.

Somit ist der Schmerz kein nützliches Warnsignal mehr, sondern ist selbst zur Krankheit geworden.

Schmerz ist nicht gleich Schmerz

Schmerzempfindung ist etwas sehr persönliches. Jeder Mensch hat seine eigene Schmerzwahrnehmung und kann die Intensität von Schmerz unterschiedlich stark wahrnehmen. Was der eine als „leichtes Ziehen“ empfindet kann den anderen „in die Knie zwingen“.

 

Bedingt durch das körpereigene Schmerzgedächtnis, kann sich das Schmerzempfinden im Laufe eines Lebens verändern. Insbesondere bei chronischen Schmerzen werden auf der Rückenmarksebene neuronale Verknüpfungen gebildet, die bestehen bleiben, selbst nachdem die eigentliche Ursache des Schmerzes und der auslösende Schmerzimpuls beseitigt sind.

Je mehr solcher Verknüpfungen angelegt wurden, desto reizempfindlicher reagiert der Körper bei künftigen Schmerzen.

Daher ist es wichtig, frühzeitig zu behandeln, damit sich die Schmerzspirale nicht immer weiter nach oben schraubt.


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